Matthias Schiestl


Matthias Schiestl ein staatlich geprüfter Bergführer und Skilehrer, zugleich Chef seiner Alpinschule Schiestl, erzählt!


„90 Prozent der Menschen die am Berg unterwegs sind, setzen sich im Vorhinein nicht richtig mit der Sache auseinander und sind sich des Risikos nicht bewusst, in das sie sich begeben!“


Matthias Schiestl war 2009 gerade mal 20 Jahre alt als er Bergführer wurde, somit galt er als einer der jüngsten Bergführer seiner Zeit. Er ist dreifacher Gewinner der inter. Bergführer-Meisterschaft und betreibt seine Alpinschule Schiestl.

Im Interview mit Erwin Hofbauer erzählt er über seine Anfänge, was den Wettkampfreiz ausmacht und über die Herausforderungen im Bergführerdasein sowie über die Problematik im Alpen(in)tourismus, ferner was man dagegen tun kann.


Name: Matthias Schiestl

Alter: 26

Wohnort: Mayrhofen / Zillertal

Sport: Klettern, Skitouren

Beruf: staatlich geprüfter Bergführer, staatlich geprüfter Skilehrer


Wann hast du mit dem Klettern angefangen? Lag das auch an der Familie?

Ich habe mit 12 Jahren angefangen zu Klettern, aber nur sehr sporadisch. Meine Familie hatte mit Klettern nichts zu tun, bin mehr über Freunde zu dem Sport gekommen.


Seit wann nimmst du bei Wettkämpfen teil?

Seit 2009 klettere ich jedes Jahr einen Wettkampf mit - die Bergführer Meisterschaften. Seit 2014 trete ich regelmäßig bei Wettkämpfen auf nationaler Ebene mit an, dabei konnte ich mich gleich im ersten Wettkampfjahr für zwei Weltcups qualifizieren.


Wann kam für dich der Entschluss Bergführer zu werden? Seit wann machst du das?

Der Entschluss kam für mich schon sehr früh, ich glaube mit 16 Jahren, zu dieser Zeit war ich gerade in der Lehre.

Ich war an einem Punkt angelangt, wo ich dachte ich möchte aus der Werkstatt raus und meine Hobbys zum Beruf machen. Auf gut Deutsch: „Der Lehrplatz war, um es schön auszudrücken nix, aber die Arbeit als Mechaniker war gut.“

Ich beendete meine KFZ Lehre. Anschießend fing ich gleich mit der Bergführer-Ausbildung an. Seit 2009 bin ich hauptberuflich Bergführer.


Du bist Österreichs Jüngster oder?

Ich war damals einer der jüngsten Bergführer. Es gab einige vor und nach mir die auch mit 20 schon Bergführer waren.


Was macht für dich das Klettern aus?

Freizeit, Freunde, Reisen, Training, Herausforderungen...


Warum muss man bzw. nimmt man an Wettkämpfen teil?

Wenn man einen Sport mit voller Leidenschaft ausübt, dann möchte man sich in allen Sparten dieses Sportes unter Beweis stellen. Der Wettkampf war mir bisher noch nicht sehr vertraut, was ihn darum sehr interessant für mich machte.

Ich wollte mich einfach in jeder Form des Kletterns probieren. Der Wettkampf hat mich auch mehr motiviert nach einer gewissen Struktur zu Trainieren was mich wiederum am Fels ein Riesenstück nach vorne gebracht hatte. Am Ende habe ich durch diese neue Erfahrung viel dazu gewinnen können.

Natürlich möchte man sich auch der Herausforderung stellen und sich gerne mit anderen messen.


Was waren deine größten Erfolge bisher?

Dreifacher Gewinner der internationalen Bergführer Meisterschaften im Sportklettern, was bedeutet, eine Tour am Fels zu Klettern die den Schwierigkeitsgrad 9a (11) hat sowie einen Boulder zu meistern der den Schwierigkeitsgrad 8b+ hat.


Wie sind deine Ziele?

Die nächsten Jahre möchte ich einfach mehr den Wettkampf fokussieren und schauen wie weit ich noch komme.

Natürlich auch einige schwere Touren als auch Boulder klettern, wie auch viele schöne Reisen zu unternehmen.


Wie schwierig ist es als Bergführer tätig zu sein und was ist wiederum das Schöne?

Schön ist an dem Beruf, dass er so vielseitig ist und man Tag für Tag draußen unterwegs sein kann. Sei es im Winter beim Skitouren gehen, Freeriden, Eisklettern oder Schneeschuhwandern, im Sommer auf Hochtour und beim Klettern zu sein oder einfach nur zu Wandern, es wird nie langweilig.

Man hat mit vielen Menschen zu tun was aber nicht immer positiv ist. Es sind auch Gäste dabei wo man sich denkt, „der Tag dauert heute aber lange.“ So wie in jedem anderen Beruf auch.

Ich denke man muss sich im Klaren sein, wenn man den Beruf als Bergführer machen möchte, dass man an die Sommer- und Wintersaison gebunden ist. In der Regel muss man bei gutem Wetter arbeiten und beim schlechten hat man frei. Es gibt kein Wochenende, was mich überhaupt nicht stört, keine geregelten Arbeitstage, es wird alles ein bisschen situationselastischer.

Grundsätzlich ist es so wie bei allem anderen auch. Man muss es gern tun um Freude dabei zu haben und um seine Arbeit gut zu machen.


Aus deiner persönlichen Sicht: Wie war die Entwicklung der letzten Jahre im Alpen(in)tourismus, worin bestehen die Chancen und wie ist die Problematik?

Die Zahl der Bergsportler hat sich vervielfältigt. Egal in welchen Bereichen. Im Sommer beim Klettern, Wandern oder Hochtouren gehen und im Winter beim Freeriden, Skitouren gehen Eisklettern oder Schneeschuhwandern.

Ich sehe die Problematik darin, dass sich die Leute die am Berg unterwegs sind zu 90% im Vorhinein nicht richtig mit der Sache auseinandersetzen und sich des Risikos nicht bewusst sind, in das sie sich begeben.

Klar verbindet man in erster Linie eine Tour auf dem Berg mit etwas Schönem nur gibt es immer zwei Seiten.

Hier zwei Beispiele:

Die wenigsten die im Sommer am Gletscher unterwegs sind können einen Bergfreund richtig aus der Gletscherspalte mit einem Flaschenzug bergen.

Oder im Winter, wie man beim „Extrem-Winter“ 2014/15 anhand der Lawinenunfälle sehen konnte. Es würden sich sehr viele Unfälle verhindern lassen, wenn man sich im Vorhinein Gedanken über Schnee- und Lawinenkunde als auch über die anstehende Tour machen würde. Es reicht sicher nicht aus nur einen ABS Rucksack zu kaufen!!

Genau da sollte man sich dann einen Bergspezialisten "Bergführer" nehmen um sicher unterwegs zu sein. Der kann einem auch für zukünftige Touren Ratschläge und Tipps mitgeben.


Was kann man deiner Meinung nach dagegen tun?

Immer wieder in den Medien darauf aufmerksam machen, dass man sich Infos Tipps und Tricks vor einer bevorstehenden Tour holen soll. Gerade Profis legen sehr viel Wert auf Sicherheit und machen eine aufwendige Tourenplanung, nur das bekommen die ganzen Leihen oft überhaupt nicht mit.

Die vielen Videos die im Internet umherkusieren, seien es Freeride Videos oder Kletter Videos, zeigen immer nur wie toll die Touren und Dinge sind aber nie die ganze Arbeit die im Vordergrund steht, nämlich eine ausführliche Tourenplanung für die anschließende Sicherheit.

Ich glaube wenn das die ganzen Pros vorleben, dass sich da am meisten ändern lässt, im Speziellem auf die ganzen Werbevideos bezogen.


Hast du dir mit deiner Arbeit als Bergführer einen Traum erfüllt oder kam später das böse Erwachen?

Ich bin richtig froh das ich Bergführer bin! Der Beruf macht mir sehr viel Freude!


Kannst du davon leben oder musst du nebenher noch einer anderen Tätigkeit nachgehen?

Man kann vom Bergführen allein Leben, aber ich kenne viele Bergführer die nebenher noch einen anderen Job haben.


Die Fotos wurden von Matthias Schiestl zur Verfügung gestellt.