Der Volkswirtschaftliche Nutzen von Bewegung

Zwischen 45,96 Mio. Euro und 530,08 Mio. Euro Einsparungen im Gesundheitswesen möglich. Politische Maßnahmen zur Förderung von Bewegung sind absolut wünschenswert.

Dass Bewegung wichtig für körperliches und psychisches Wohlbefinden ist, ist weitgehend bekannt und dokumentiert. Im Jahr 1990 wurden in Österreich 11,4 Mrd. Euro für private und öffentliche Gesundheitsleistungen, im Jahr 2013 35 Mrd. Euro ausgegeben. Weltweit kann davon ausgegangen werden, dass 2,1 Prozent der beeinträchtigen Lebensjahre auf körperliche Inaktivität zurückzuführen ist. Eine aktuelle Studie (2015) im Auftrag der Österreichischen Bundes-Sportorganisation (BSO) und Fit Sport Austria zeigt die entstehenden Kosten durch Inaktivität und den Nutzen von Bewegung auf und es zeigte sich, dass volkswirtschaftliche Einsparungen von bis zu 530,08 Mio. Euro (Obergrenze) durch Aktivität erzielt werden können, dem gegenüber stehen Gesamtkosten durch Inaktivität von bis zu 2,4 Mrd. Euro (Obergrenze).

Definitionen

Aufgrund der verschiedenen Definition von Aktivität, war es schwierig Vergleiche mit internationalen Studien zu ziehen. Daher wurde für die aktuelle Studie die gemeinschaftliche Definition auf europäischer Ebene verwendet und diese lautet:

„Der Aktivitätsindikator gibt den Anteil der Bevölkerung an, der mindestens 30 Minuten mäßige oder intensive Aktivität pro Tag ausübt“.

Intensive Aktivität regt die Atmung stärker als normal an, z.B: Laufen, Aerobic oder schnelles Radfahren. Moderate Aktivität beschleunigt die Atmung etwas mehr als normal, z.B: heben leichter Gegenstände, Radfahren in Normalgeschwindigkeit, ein Tennis Doppel, zügiges Gehen. Nicht inkludiert ist normales Gehen.

Die Empfehlung für alle 18 bis 65 jährigen Personen lautet:

150 Minuten moderate Aktivität pro Woche oder 60 Minuten intensive Aktivität pro Woche und zusätzlich an zwei bis drei Tagen Aktivitäten zur Stärkung der Muskelkraft.

 

Folgende „Bewegungsmangelkrankheiten“ wurden für die Studie herangezogen:

  • Erkrankung der Herzkranzgefäße, Schlaganfall, Bluthochdruck, Diabetes Typ II, Übergewicht, Stoffwechselstörung, Osteoporose (Knochenschwund), Arthrose (Gelenkverschleiß), Rückenschmerzen, Brustkrebs, Darmkrebs, Depression

Unterschieden wurde zwischen direkten Kosten (alle Kosten im Gesundheitssystem, die direkt auf die Erkrankung zurückzuführen sind – stationäre und ambulante Behandlungskosten, Kosten für niedergelassene Bereiche, Rehakosten, Krankentransportkosten, Medikamente usw.), den indirekten Kosten (volkswirtschaftliche Kosten aufgrund Krankheit, verminderter Berufsfähigkeit, Verlust der Produktivität – Krankenstände, Invaliditäts- und Erwerbsunfähgkeitskosten, Kosten durch Einkommensentgang durch Tod) und den intangiblen Kosten (Folgeerscheinungen die sich schwer in Geldeinheiten messen lassen, jedoch erhebliche Einbußen der eigenen Lebensqualität ergeben – Angstzustände, Stress, verminderte Lebensfreude), die nicht berücksichtigt wurden.

Als Basis des Aktivitätslevels diente die Gesundheitsbefragung der Statistik Austria, die zwischen 2013 und 2015 durchgeführt wurde.

Ergebnisse

Mittels aufwendiger Berechnungen und Formeln – die der angehängten gesamten Studie entnommen werden können – kamen die Autoren zu den folgenden Ergebnissen, die zwischen einer Ober- und Untergrenze, je nach Aktivitätsniveau bzw. Inaktivitätsniveau dargestellt werden.

 

Direkte Kosten durch Inaktivität

Die absolut höchsten direkten Kosten gehen auf die Erkrankung Diabetes Typ II zurück. Auf rund 270 bis knapp unter 410 Mio. Euro wurden sie geschätzt. Die geschätzten Gesamtkosten im Gesundheitsbereich aufgrund körperlicher Inaktivität liegen zwischen 1,3 und 1,9 Mrd. Euro, das sind 3,6 bzw. 3,5 Prozent der Gesamtgesundheitskosten im Jahr 2013.

 

Indirekte Kosten durch Inaktivität

Bei den Kosten die durch Produktivitätsentgang entstehen macht die Arthrose (Gelenksverschleiß) die geschätzt höchsten Kosten aus, nämlich rund 18 Mio. Euro jährlich. Die Obergrenze der Gesamtkosten die durch Produktivitätsentgang entstehen liegen bei 57,82 Mio. Euro.

Im Bereich der Kosten ausgelöst durch Berufsunfähigkeit mach die Depression den größten Kostenteil aus. Die Obergrenze sind geschätzte 115,8 Mio. Euro, die Untergrenze 76,33 Mio. Euro. Gesamt belaufen sich die Kosten durch Berufsfähigkeit auf gesamt 290,04 Mio. Euro (Obergrenze).

Bei den Kosten durch Moralität (Tod) sind die Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich für die höchsten Kosten, die zwischen 36,83 und 55,87 Mio. Euro liegen. Insgesamt verursacht die Mortalität wegen Inaktivität geschätzte Kosten von 73,72 bis 111,85 Mio. Euro.

 

Zusammenfassung der Kosten durch Inaktivität

Die Summe der direkten und indirekten Kosten durch Inaktivität ergeben volkswirtschaftliche Kosten in der Höhe von rund 1,6 Mrd. Euro (Untergrenze) bzw. knapp 2,4 Mrd. Euro (Obergrenze).

 

Direkter Nutzen durch Aktivität

Gerechnet auf das aktuelle Aktivitätsniveau der Gesamtbevölkerung kann ein Nutzen durch vermiedene Gesundheitskosten in der Höhe von 112,53 Mio. Euro bis 228,22 Mio. Euro festgelegt werden. Der größte Nutzen fällt dabei im Bereich der Rückenleiden an.

 

Indirekter Nutzen durch Aktivitäten

Durch Aktivität konnte ein Produktivitätsentgang von 99,34 Mio. Euro bis 201,47 Mio. Euro ermittelt werden. Die nicht entstehenden Berufsunfähigkeitskosten belaufen sich auf 244,99 bis 496,86 Mio. Euro im Jahr und die vermiedenen Todesfälle bringen eine Kosteneinsparung von bis zu 28,45 Mio. Euro (Obergrenze).

 

Direkte Kosten durch Bewegungsverletzungen

Pro Jahr entstehen Unfallkosten durch Bewegung im stationären Bereich von rund 86,9 Mio. Euro. Im ambulanten Bereich von rund 203 Mio. Euro und im niedergelassenen Bereich sind es ca. 3,5 Mio. Euro pro Jahr. Es gibt keine Fallzahlen für Reha Fälle, somit konnten diese nicht berücksichtigt werden und das Ergebnis führt zu einer leichten Unterschätzung der Kosten.

 

Indirekte Kosten durch Bewegungsverletzungen

Durch Krankenstände verursachte Kosten entstehen in der Höhe von 58,5 Mio. Euro. Invaliditäten aufgrund von Sportverletzungen ergeben Kosten von 1 Mio. Euro und durch Todesfälle entstandene Kosten belaufen sich auf ca. 71,8 Mio. Euro jährlich.

Daraus ergibt sich ein Summe an direkten und indirekten Gesundheitskosten aufgrund von Bewegung und sportlicher Aktivität von rund 425 Mio. Euro.

 

Zusammenfassung des Nutzens durch Aktivitäten

Es zeigte sich ein Nutzeneffekt von 470,88 Mio. Euro (Untergrenze) bis 955 Mio. Euro (Obergrenze). 424,93 Mio. Euro sind für Bewegungsverletzungskosten abzuziehen. Daraus entsteht ein volkswirtschaftlicher Saldo in der Höhe von 45,96 Mio. Euro als Untergrenze und 530,08 Mio. Euro als Obergrenze.

 

Aus gesundheitspolitischer und gesundheitsökonomischer Sicht konnte damit aufgezeigt werden, dass körperliche Aktivität einen höheren volkswirtschaftlichen Nutzen als volkswirtschaftliche Kosten verursacht. Politische Maßnahmen zur Förderung von Bewegung sind absolut wünschenswert.

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Die gesamte Studie
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