Berni
„Bei einer Weltmeisterschaft gibt es kein Jammern! Ich habe mein Leben dem Leistungssport gewidmet!“
Name: Bernadette Graf
Alter: 23
Wohnort: Innsbruck
Sport: Judo
Verein: Judozentrum Innsbruck, österreichisches Nationalteam
Trainer: Martin Scherwitzl, Marko Spittka
„Geht nicht, gibt es nicht!“ so lautet das Lebensmotto der 23 jährigen Judokämpferin, Bernadette Graf aus Innsbruck. Das hat sie von ihrem Nationalteamtrainer, Marko Spittka übernommen, der auch sagt, „es gibt immer einen Weg!“ Im Zusammenhang mit dem Buch, Sonne-Schatten-Sport, traf Regionalsport.at, Erwin Hofbauer, die äußerst sympathische Berni zum Interview.
Du hast mit sechs Jahren angefangen Judo zu kämpfen, wie kam es dazu?
Das ist richtig. Meine Familie ist nach wie vor sehr sportlich. Damals suchten sie eine Sportart für mich und da Ballett nichts für mich war, blieb es beim Judo.
Warum Judo?
Ich mag sehr viele Sportarten. Basketball zum Beispiel spiele ich sehr gerne. Für mich war aber nach dem ersten Schnuppern schon klar, dass Judo der Sport sein wird, den ich mein Leben lang machen möchte. Ich mag keine halben Sachen. Ich gebe sehr gerne 100 Prozent und mehr.
Was braucht man beim Judo?
Von allem ein bisschen. Man muss gut in der Technik sein, Kraft haben, Ausdauer und Konzentration. So ein Wettkampf kann sich, wenn man in das Finale kommt, über den ganzen Tag hinziehen. An dem man vier bis fünf Kämpfe von vier Minuten bestreitet. Da heißt es fit zu bleiben und motiviert zu sein.
Wie machst du das?
Ich bleibe in der Halle, ziehe mein verschwitzten Sachen nicht aus, da ich ständig bereit sein will. Erst vor dem Finale ruhe ich mich ein wenig aus, da ist meistens die Pause am längsten. Mit der Zeit entwickelt da jeder Kämpfer sein eigenes Ritual.
Was gefällt dir beim Judo?
Ich habe schon viele Judokämpfe gesehen, das Feeling gespürt wenn man jemanden kämpfen sieht. Egal ob aus dem Team oder ein Fremder. Es sind diese Gänsehautmomente die man dabei spürt. Wenn man mitfiebert, coole Würfe sieht oder eine Medaille umgehängt bekommt. Es ist einfach die coolste Sportart die ich kenne und kann mir auch nicht vorstellen etwas anderes zu machen.
Was ist der Reiz am Leistungssport?
Halbe Sachen interessieren mich nicht. Ich will natürlich gewinnen und mein Bestes geben. Ich wusste, dass ich gut bin und das Potenzial habe. Da wurde ich von den Trainern immer eher bestärkt. Mit 14 kam ich in das österreichische Jugend-Nationalteam. Vor allem, wenn man die ersten Medaillen bekommt, bei den Erwachsenen die ersten Kämpfe gewinnt, hört man nicht auf. Da will man immer mehr.
Wie hat sich der Leistungssport auf dein Privatleben ausgewirkt?
Das habe ich um den Sport aufgebaut. Ich möchte darum auch meinen Eltern, Freunden, Trainern und Sponsoren danken, dass sie mich so kräftig unterstützen und so viel Geduld mit mir haben. Das ist nicht selbstverständlich. Ohne sie wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.
Also musst du auf nichts verzichten?
Doch, das schon, aber das stört mich nur manchmal. Ich mache das schon ziemlich lange und die wichtigen Veranstaltungen oder was auch immer, verpasse ich so gut wie nie. Auch wenn es heißt, mal früh aufzustehen und Kilometer zu machen um ein Training sowie eine Maturafeier nicht zu verpassen. Ich bin der Meinung: „Wenn man wirklich was will, dann schafft man das auch!“
Gibt es denn überhaupt was, dass du beim Sport nicht magst?
Sicher. Es ist nicht nur alles Friede, Freude, Eierkuchen. Zeitweise trainieren wir bis zum Umfallen und manchmal kotzt einen das Training dann einfach an. Ich hatte auch schon Phasen wo bei den Kämpfen überhaupt nichts mehr ging. Wo ich oft in der ersten Runde rausflog. Der Druck, den ich danach von manchen Geldgebern zu spüren bekommen habe, den fand ich nicht so gut. Vor allem, wenn sie einem vorschreiben, welche Platzierungen man beim nächsten Wettkampf zu erreichen hat.
Der Sport sollte nicht nur auf Geld bedacht sein. Beim Judo ist es so ein schmaler Grat zwischen Gewinnen und Verlieren. Da genügt es schon, eine Sekunde nicht aufzupassen und du verlierst.
Wie gehst du dann in solchen Momenten um?
Ich habe zum Glück die ständige Unterstützung vom Verein und dem Heeresleistungszentrum. Darum kann ich frei von der Leber kämpfen und bin zugleich finanziell abgesichert. Im ersten Moment nach einer Niederlage will ich für mich alleine sein, da kann ich es nicht leiden von jemanden was zu hören. Danach brauche ich die aufmunterten Worte von meinem Team.
Was sagst du allgemein zum Heeresleistungszentrum?
Ich finde es gut, dass es so etwas gibt. Durch diese finanzielle Sicherheit ist es überhaupt erst möglich, mehrmals am Tag zu trainieren. Außerdem treffen die verschiedensten Sportarten aufeinander. Es ist toll sich untereinander auszutauschen. Zudem will das Heeresleistungszentrum einem alle Möglichkeiten bieten. Zum Beispiel um Sport und berufliche Bildung unter einen Hut zu bringen.
Wie würdest du dich selbst beschreiben?
Sich selbst zu beschreiben finde ich immer etwas schwierig. In jedem Fall zielstrebig, loyal, auch etwas schusselig, aber verlässlich. In manchen Situationen habe ich vielleicht etwas wenig Geduld, aber dafür bin ich sehr ehrgeizig.
Warum gehst du über Grenzen?
Für das Gefühl danach. Ich finde, jeder hat seine eigenen Grenzen über die er irgendwann aus eigener Motivation gehen muss.
Was waren für dich bisher die schönsten Momente in deiner Sportlerkarriere?
Mein erster Sieg bei einem großen internationalen Wettkampf (U20 in Ungarn), meine erste Europameisterschaftsmedaille in der allg. Klasse und die Weltmeisterschaft 2015 in Kasachstan. Auch wenn ich bei der WM Fünfte wurde. Es war vielleicht nicht einer meiner schönsten Momente, aber einer der wichtigsten Kämpfe in meiner bisherigen Karriere.
Wie gingst du damit um, nicht gewonnen zu haben?
Ich habe mich sehr darüber geärgert, schließlich war ich so nah an einer WM-Medaille dran wie noch nie zuvor. Es waren gemischte Gefühle, denn im Judo ist ein fünfter Platz wie ein Dritter bei anderen Sportarten. Aber ich bin nach dieser WM auf dem dritten Platz in der Olympiatabelle, was wiederum sehr gut ist. So gibt es halt positive und negative Emotionen.
Wie siehst du das, dass du deinen Sport zum Beruf machen konntest?
Darüber kann ich mich sehr glücklich schätzen. Ohne das Sportheer würde es nicht funktionieren. Nur, vielen Menschen soll einmal bewusst sein, dass das ein hartes Stück Arbeit ist. Ich, oder wir Berufssportler, trainieren bis zu dreimal am Tag. Wir können uns eigentlich selten zwei oder drei Wochen Urlaub am Stück erlauben bei dem wir überhaupt nichts tun. Ich habe mir vor kurzem ausgerechnet wie viel ich letztes Jahr unterwegs war. Dabei kam ich auf ca. 200 Tage. Da ist nicht immer Vergnügen dabei, sondern auch viel harte Arbeit, Schweiß und Tränen.
Wäre ein Urlaub also ein Traum von dir?
Privat ja. Ich wünsche mir mal drei Wochen am Stück weißen Sandstrand auf einer Südseeinsel mit einer Hütte am Meer und schnorcheln. Aber auch Gesundheit für mich und meine Familie sowie viel Zeit mit ihnen und meinen Freunden.
Sportlich, natürlich eine Olympiamedaille und verletzungsfrei bleiben.
Sind das auch deine Ziele?
Die Qualifikation zur Olympiade 2016 in Rio auf jedem Fall und dann logischerweise eine Medaille. Dazwischen gibt es noch viele Turnier die ich gewinnen möchte. Verletzungsfrei bleiben ist natürlich ganz wichtig.
Gab es für dich einen Plan B?
Ich wollte immer schon Judo machen und zum Bundesheer oder zur Polizei. Beides geht leider nicht. Vielleicht gehe ich nach dem Heer zur Polizei. Ich mache gerade ein Semester Pause vom Gesundheit- und Fitnesssport-Studium. Ich möchte einfach was mit Sport machen, denn der wird immer ein Teil von mir sein.
Du sagtest mal, dass man Judo von der Erfolgserwartung her mit vielen anderen Sportarten in Österreich nicht vergleichen kann. Wie meintest du das?
Richtig. In manchen Sportarten ist es bereits eine tolle Leistung, wenn man unter die Top 16 kommt. Beim Judo hingegen wird man oft kritisiert, wenn man bei einem Wettkampf mal keine Medaille macht. Die Erwartungshaltung ist da einfach eine ganz andere.
Hast du Vorbilder?
Ganz klar die Sabsi, Filzmoser Sabrina. Sie ist eine tolle Judokämpferin, die schon seit vielen Jahren sehr erfolgreich im Judozirkus unterwegs ist. Für mich ist sie menschlich einzigartig. Ich kenne keine Person die so loyal und immer nett zu anderen ist wie Sabsi. Sie hatte schon einige wilde Verletzungen, aber hat sich immer durchgebissen, sich nie beschwert und machte immer alles um ihren Traum zu verwirklichen. Für mich ist sie eine sehr faszinierende Persönlichkeit.