Titelfoto: Jakub Sedivy

Interview, am Jänner 2018


Sieben einfache Dinge, die für ein besseres Klima sorgen

„Wir sind Teil des Problems, also auch Teil der Lösung. Wir müssen jetzt handeln und jeder Schritt zählt.“ Das sind zwei Aussagen von Daniela Hochmuth. Als Freeriderin und Präsidentin von Protect Our Winters Austria (POW) erlebt sie den Klimawandel hautnah mit. Im Interview mit Erwin Hofbauer von Regionalsport erzählt sie unter anderem, warum sie mit den Freeride-Contests abgeschlossen hat, über POW und dass es nicht damit abgetan ist, nur die Schneekanonen zu verbieten.

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@Mel Press

RSP.: Wie ist POW International entstanden?

Daniela: POW International ist 2007 von Jeremy Jones gegründet worden. Er sah in seiner Tätigkeit als professioneller Snowboarder den Klimawandel aus erste Hand und dachte sich, so kann das nicht bleiben, hier muss was getan werden. Er hatte nie damit gerechnet, dass es eine derart politische Aktion wird.

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@Lisa Günter

RSP.: Du bezeichnest POW als internationales Wunderwerk einer Klimaschutzorganisation?

Daniela: (lacht) Das ist richtig. POW verwendet die Waffen der modernen Kommunikation und setzt es für etwas Gutes ein. Der Ansatz von POW ist, jeder kann mitmachen und jeder kann den ersten Schritt setzen und dabei helfen wir.

 

RSP.: International hat POW schon einiges vorzuweisen.

Daniela: Genau, in Amerika zum Beispiel hat bereits das gesamte Olympische Team den Green Power Plan von Obama unterschrieben, ebenso wie das Skiresort Whistler Blackcomb.

 

RSP.: Wie siehst du das Thema Beschneiung und Erweiterung der Skigebiete in Tirol/Österreich?

Daniela: Den Themen Erweiterungen und Schneekanonen stehe ich kritisch gegenüber, sehe es aber als notwendiges Übel. Immerhin hängt jeder vierzehnte Job in Österreich, jeder vierte in Tirol, am Wintertourismus. Wir müssen diesbezüglich viel ändern, können aber nicht von heute auf morgen den ganzen Wintertourismus abschaffen.

 

RSP: Was sind hinsichtlich der Themen Winter und Klima aktuell die größten Probleme?

Daniela: Das größte Problem ist, dass wir ignorant mit dem Thema umgehen und in 20 Jahren keinen Schnee mehr haben werden. Ich war Anfang Jänner beim „risk'n'fun -Alpine Professionals“ Camp am Kaunertaler Gletscher. Wir begutachteten dort Nassschneelawinen die eigentliche typisch für den Spätwinter wären. Uns Campteilnehmer wurde auch die Wetterlage erklärt und dass die tiefhängenden Wolken aktuell in den Frühling gehören. Aber die Menschen schauen darüber hinweg und produzieren einfach mehr Schnee.

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@Mel Press

RSP.: Hast du auch mit Liftbetreiber darüber gesprochen?

Daniela: Beim Freeridesymposium in Gmunden habe ich das Thema angesprochen und der Chef vom Krippenstein meinte dazu „Nein, nein, das ist nur die Wetterlage“! Ein großes Problem ist, dass so viele falsche Informationen verbreitet werden. Jeder kann sehen, dass etwas falsch läuft, das brauch ich nicht alles wissenschaftlich unterlegt haben.

 

RSP.: Ein großes Problem sind auch die Autosponsorings hast du mir gesagt?

Daniela: Autosponsorings finde ich nicht okay. Oder die riesen Partys wie in Sölden beim Weltcuprennen. Viele Autos fahren hinauf, danach ist der ganze Gletscher verschmutzt und wir machen noch mehr und mehr. Die Natur sagt schon stopp, versperrt Straßen mit Lawinen und das ist ein Problem welches schon da ist. Aber wir reden uns immer raus und denken, die andern werden es schon richten.

 

Wir richten auch nicht über die Generation die das Problem aufgebaut hat aber jetzt müssen wir zusammen etwas ändern.

 

RSP.: ….und die Regierung......?

Daniela: Wir hatten gerade Wahlkamp und der Klimawandel ist das Problem unserer Zeit und keiner macht was. In 20 Jahren kann er uns unsere Jobs kosten.

 

RSP: Wann oder wie hast du dich dazu entschlossen Protect Our Winters, beizutreten?

Daniela: Ich hab mich gar nicht entschlossen, es ist zu mir gekommen.

Ich habe mich schon während dem Studium, Produktmanagement Fashion und Textil, mit der Frage, „was ist Nachhaltigkeit?, beschäftigt. Nachhaltigkeit ist, wenn man Hühner daheim hat, regionales Essen isst, am Dach Solarpaneelen hat, mit Erdwärme heizt, wenn man nicht in den Urlaub fliegt und so weiter. Dann kam die Erkenntnis, dass das alles ist, was ich bin - was ich von zu Hause mitbekommen habe. Ich bin drauf gekommen, dass mein Lebensstil Trend ist und gut für die Umwelt ist. Da wusste ich, ich will mich auf Innovationen konzentrieren.

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@Lisa Günter

RSP.: Dann kam POW?

Daniela: Beinahe. In meiner Freeride-Contest-Zeit hat mich ein Kollege gefragt, ob ich bei dem Projekt „Pro Snow Tirol“ dabei sein will. Im Zuge eines Ideenwettbewerbes haben wir von POW Marketing Material und Hilfe zu erhalten. Daraufhin sind sie auf uns zugekommen, waren begeistert von unserer Arbeit und fragten, ob wir Protect Our Winters Austria organisieren wollen. Zur gleichen Zeit habe ich einen Lizenzvertrag für die Freeride Contests unterschrieben, einen Tag später hatte ich einen schweren Sturz in Obergurgl und in diesem Krankenstand habe ich Protect Our Winters aufgebaut – das war vor drei Jahren in etwa.

 

RSP.: Wie ist die Meinung über POW in Tirol?

Daniela: Seit drei Jahren baue ich Portect Our Winters in Österreich auf und ich habe bisher nur Rückenwind verspürt. Jedes unserer Mitglieder ist von selber zu uns gekommen und das mag schon etwas bedeuten. Unsere Generation ist die, die umdenkt. Ich kaufe regional und die Bäuerin im Hofladen bestätigt mir, dass vor allem junge Menschen zu ihr kommen. Wir müssen jetzt Entscheidungen für die Zukunft treffen.

 

RSP: Wie bist du zum Freeriden gekommen? Das ist doch eher untypisch für eine Oberösterreicherin?

Daniela: Bis ich 20 Jahre alt war hab ich Freeriden nicht gekannt und heute bin ich 28. Mit elf Jahren habe ich gewusst, dass ich Snowboarden will – das war meine erste große Liebe. Ich hab begonnen im Landeskader Slalom und Riesenslalom zu fahren, hab dann auch die Austria Trophy gewonnen. Den Sprung in den ÖSV habe ich nicht gemacht. Ich wollte Sportbekleidung designen und bin in die Modeschule gegangen. Ich habe bei Intersport gearbeitet, danach für Mammut entwickelt und da war ich mit den besten Alpinisten am Tisch und die haben mich dann mitgenommen. Meine erste Tour machte ich auf den Großvenediger.

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@Lisa Günter

RSP.: Du konntest bei den Freeride World Games vorne mitfahren, warum hast du dann mit den Contests aufgehört?

Daniela: Ich bin innerhalb von 18 Monaten von Platz null auf Platz drei in den World Qualifiers und auf den sechsten Platz overall gefahren. Ich war eher noch unbekannt in dieser Szene. Im darauffolgenden Jahr bekam ich keinen Startplatz, da es für Mädls fast keine gab. In Oberndorf zum Beispiel durften nur sechs Mädls starten und wenn du noch nicht lange fährst, hast du fast keine Chance. Mein nächstes Rennen war dann im Folgejahr in Montafon. Das habe ich mit 80 Punkten gewonnen und sogar eine bessere Punktezahl als die Jungs erreicht. Ich habe gewusst ich bin gut und kann den Besten das Wasser reichen, doch wurde ich von dem System blockiert. Das hat mich ganz furchtbar aufgeregt.

 

RSP.: Also stiegst du aus den Contests aus?

Daniela: Genau. In diesem System geht es nicht um den Snowboarder als Person sonder um die Zuschauer, dass die kommen und um die Marke. Das wurde uns in der Slowakei ganz offen gesagt. Ein weiterer großer Punkt war der Konkurrenzkampf. Es geht nicht um ein Miteinander sondern es ist ein Einzelkämpfersport. Ich wollte immer mit Menschen fahren und nicht dagegen - mit dem Berg fahren und nicht gegen ihn.

 

RSP.: Mit POW wurdest du auf eine andere Art extrem?

Daniela: Oh ja. Ich verkaufte mein Auto, flog nicht mehr, lebte und lebe vegan und reduzierte alles.

Ich entwickelte mich vom Contest Leben, dem Einzelkämpfer der ich nie wirklich sein wollte zum Gruppenmenschen und dieses Miteinander schätze ich auch bei POW extrem. Wir sind ein Verein, der Dinge miteinander macht. Wenn das Miteinander gesellschaftlich wieder mehr gelebt werden würde, würden viele gute Sachen entstehen. Nur neidisch zu sein oder auf andere zeigen, bringt niemanden weiter.

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@Jakub Sedivy

Wenn ich eine falsche Entscheidung in einer Gruppe treffe, geht das alles was an. Wir vergessen, welchen Einfluss wir haben. Ich kann mich für das Gute oder das Schlechte entscheiden.

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RSP.: Für einen Traum, würdest du aber doch noch einmal in den Flieger steigen?

Daniela: (lacht) Das stimmt, um nach Alaska zu fliegen, um dort Wildnis pur zu erleben. Aber ich möchte diese Reise auch nützen um eine Geschichte zu erzählen. Ich würde mit einer Crew rüberfliegen und einen Film oder eine Reportage produzieren, denn vielleicht sind wir die letzte Generation die eine Wildnis pur erleben kann.

 

RSP.: Wie finanziert sich Protect our Winters?

Daniela: Das Konzept ist, dass uns Marken unterstützen können. Wir wollen nicht, dass der einzelne Mensch monatlich zahlen muss. Unser Mitgliedsbeitrag beläuft sich auf € 20,- im Jahr. Es soll ein solidarischer Beitrag sein. Den größten Teil übernehmen unsere Sponsoren. Zum einen Blue Tomato, die uns das Doppelte von dem gaben was wir erfragten und sind auf uns zugekommen sowie Klean Kanteen. Wir bekommen gratis ihre Flaschen, können diese verkaufen und der ganze Gewinn geht an POW.

 

RSP.: Ihr seit auch keine Fanatiker was das Nichtfliegen und nur mit Öffis fahren etc. anbelangt?

Daniela: Überhaupt nicht. Der Ansatz ist, wer jetzt noch ein Auto hat, kann sich beim nächsten Kauf anders entscheiden. Das soll ein Türöffner sein und auf keinen Fall abschreckend sein. Aus Erfahrung weiß ich, jeder der sich damit beschäftigt, wird von alleine extrem.

 

RSP: Gibt es Fortschritte, von denen ihr sagen könnt, dass ist durch POW entstanden oder hat sich durch POW verbessert?

Daniela: International ist es toll, dass sich so viele Wintersportler mit POW identifizieren. Dass von vielen der Green Power Plan unterschrieben wurde. In Amerika haben drei Skigebiet auf Grüne Energie umgestellt. Jeremy ist jedes Jahr im Weißen Haus und im Senat vertreten. Der Fokus liegt auf Bewusstseinsbildung aber es gibt auch viele Projekte die umgesetzt wurden. Personen die an Schulen gingen und erreichten, dass Solaranlagen finanziert und installiert wurden. Wir arbeiten auch viel mit Ideenwettbewerben usw..

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RSP: Die Community ist ja riesengroß und vor allem weltweit vertreten!

Daniela: Oh ja. Alle Skandinavier, Deutschland ist im Aufbau, Österreich, Frankreich, England, Japan kommt dazu, Argentinien, POW ist überall. Ich kann es in Österreich noch nicht messen, ich kann auch nicht sagen, wir hätten diesen oder jenen Staudamm blockiert aber ich war zuletzt beim Risk and Fun Camp und kannte dort niemanden. Auf einmal kam jemand mit einer POW Flasche daher und einem Sticker am Helm und das freut mich dann sehr.

 

RSP: Wenn jemand fragt, was kann ich tun, was sagst du ihm?

Daniela: Wir haben unsere „POW-Sieben“ als Ansätze für jeden. Da gehört dazu „travel smarter“ - fahr mit Öffis, bilde Fahrgemeinschaften oder stell dir die Frage: „Muss ich jetzt wirklich wohin fliegen?

„Eat greener“ - nicht sei vegan denn du kannst vegan sein und trotzdem alles in Plastik verpackt kaufen oder Ananas von irgendwoher. Für uns ist wichtig, schau dass du dein eigenes Gemüse hast. Es gibt so viele Gemeinschaftsgärtenprojekte. Wir hatten 80 Quadratmeter und 15 Personen haben von Mai bis November frisches Bio Gemüse gegessen, für einen Kosteneinsatz von € 150. Oder kaufe auch in Hofläden ein.

„Spend better“ - wie kaufe ich ein? Muss ich jedes Jahr etwas Neues kaufen? Wenn ich etwas kaufe, kann ich qualitativ hochwertige regionale Kleidung kaufen? Second Hand kaufen oder das Geld einer Schneiderin geben und die repariert meine Kleidung?

„Life simpler“ - brauche ich Statussymbole wie einen Urlaub auf Hawaii oder sind unsere Seen nicht schön genug? Eine Wanderung durch das Karwendel zum Beispiel zeigt uns wunderschöne Dinge.

„Learn more“ - wieder mehr lesen und lernen. Über Fakten lesen und sich informieren.

„Speak louder“ - sprich mit jedem darüber. Diskutiere über gewisse Dinge und sprich das Thema an. Gehe auf Events, zeige dich oder schreibe auch einen Brief an die Politik.

„Get political“ - Auch wenn das Vertrauen in die Regierung verloren ist, man kann auch anders politisch aktiv werden. Wir müssen zu den Wahlen gehen und das kleinste gemeinsame Übel finden. Klimaschutz muss über politische Grenzen hinweggehen. Klimaschutz muss jeder machen.

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@Jakub Sedivy

Wir müssen alles drastisch reduzieren aber dennoch kann mit nachhaltigen Innovationen Geld verdient werden und Jobs aufgebaut werden.

 

RSP.: Bei euch kann jeder Mitglied werden?

Daniela: Absolut. Jeder kann uns auch mit Know How unterstützen, wie wir mit unserem Wissen weiterhelfen. Jede Hilfe zählt. Finanziell müssen wir in Zukunft auf ein größeres Budget achten. Denn bisher haben wir alles ehrenamtlich gemacht. Wir benötigen aber eine bezahlte Stelle, damit wir hier mehr Professionalität bekommen und sich nicht Menschen ausbrennen.

Wir brauchen Mitglieder, auch gerne ältere Menschen in Pension die die Buchhaltung übernehmen. Oder Hotels, die ein veganes Menü anbieten unterstützen wir mit unserer Expertise.

Jeder der mitmachen will, kann sich einbringen. Jeden ersten und dritten Dienstag im Monat haben wir um 19 Uhr Mitgliedertreffen. Neue Mitglieder können sich anmelden und ab 18.30 Uhr dabei sein. Treffpunkt ist in unserem Büro in der Hallerstraße 43 in Innsbruck. Niemand soll sich schuldig fühlen aber miteinander können wir es ändern.