Angelika Allmann

 

Schwer verletzt überlebte Angelika Allmann (30) einen Absturz aus 800 Höhenmeter in Island. Bei einem

Fotoshooting rutschte die Skibergsteigerin aus und schoss den steilen eisigen Berghang hinunter. Jeden Moment des Absturzes bekam Gela mit. „Mein Körper war Matsch! Beide Knie waren zerschmettert, die linke Schulter gebrochen, Bänder, Muskeln und die Hauptarterie im rechten Bein waren gerissen. Nur mit letzter Kraft konnte ich den Absturz bremsen, sonst wäre ich den Fjord hinunter gestürzt.“ erinnerte sich Allmann.

 

Gela besucht seit Jahren regelmäßig ihre Freunde im Zillertal und Söll wo gemeinsame Skitouren an der Tagesordnung stehen. Erwin Hofbauer traf die aus den Medien bekannte Skibergsteigerin bei ihrem offiziellen Partner Andi Eisenmann in seinem Dynafit Competence Center Cross the Alps Store in Söll, zu einem sehr tiefgreifendem Interview.

 Vier Monate nach deinem Absturz bist du schon wieder auf einem Berggipfel gestanden und jetzt, 9 Monate später, bestreitest du schon die ersten Skitouren. Wie geht das?

Ja, das ist total krass. Während ich im Krankenbett lag dachte ich mir immer, dass ich das durchstehe und wieder auf einem Berg laufen werde. Das hat mich angetrieben. Wobei ich bei der ersten Bergtour nur 200 Meter mit den Krücken absolvierte. Ich wollte nur noch einmal oben stehen, bevor ich wieder operiert werde. Wie ich wieder runterkomme, darüber habe ich nicht nachgedacht. Es funktionierte aber. Es war so gigantisch dort am Gipfel zu stehen, was mir die Bestätigung und die Kraft gab, alles kommende durchzustehen.

 Hast du jemals mit dem Gedanken gespielt aufzugeben?

Prinzipiell war aufgeben nie eine Option. Natürlich gab und gibt es nach wie vor viele Momente in denen ich frustriert oder wütend über die Situation bin, jedoch gibt es für mich nur den Weg weiterzumachen.

Wenn ich jetzt eine Skitour gehe und Sport betreibe, bekomme ich enorm viel Energie zurück, die ich auch brauche, wenn ich wieder ans Bett gefesselt bin.

 

Inwiefern hat der Unfall dein Leben beeinflusst und was machst du seither anders?

Der Unfall hat mein Leben in sofern beeinflusst, dass ich jetzt in einigen Dingen gezwungen bin langsamer zu machen. Ich kann nicht mehr Laufen und nur sehr langsam gehen. Das Knie und die Schmerzen geben den Ton an. Zudem war ich lange Zeit komplett auf die Hilfe von Freunden und Familie angewiesen, war extrem unselbstständig.

In so einer Situation zu sein lässt einiges überdenken und ist nicht immer ganz leicht. Ich habe nach wie vor ziemliche Panik vor Situationen in denen ich einen Kontrollverlust spüre und die Fäden nicht mehr selbst in der Hand habe wie zum Beispiel beim Autofahren. Ich bin ziemlich schreckhaft geworden und hoffe das kann ich mit der Zeit wieder ablegen.

Ich habe gelernt auf meinen Körper zu hören. Wenn ich jetzt 3 Tage am Stück zuviel Sport treibe, dann habe ich richtig fiese Schmerzen abends. Darauf kann ich verzichten und weiß, dass mein Körper mir das Signal sendet Ruhe zu geben. Die Ruhe gebe ich ihm heute - früher habe ich immer weiter gemacht. Zudem erlebe ich Momente bewusster.

Dadurch, dass ich den Tod so nah vor Augen hatte, bin ich für vieles sehr dankbar geworden, das ich vorab vielleicht als selbstverständlich angesehen habe.


Am 22. August 2014 hast du deinen Mann Marcel geheiratet. Wie ging er mit dieser schwierigen Situation um?

Marcel flog sofort zu mir nach Island. Ich habe ein Riesenglück mit ihm einen so unfassbar starken Mann an meiner Seite zu haben, der mich von Anfang an total unterstützt hat. Er war vom ersten Tag an da und ich wußte ich kann mich zu 100 Prozent auf ihn verlassen. Ich denke schon, dass es für ihn manchmal schwer war, denn mir ging es nicht immer gut, auch wenn ich gesagt hab ich sei stark, war ich oft am Ende.

Es hat uns mit Sicherheit noch mehr zusammengeschweißt. Wenn man sich auf einander verlassen kann, für einander da ist, schafft man alles.


Sport hast du immer schon sehr viel betrieben, doch erst vor vier Jahren mit dem Skibergsteigen angefangen. Wie kam es dazu?

Ich war schon immer eine Ausdauersportlerin. Ich bin gerne in die Berge gegangen und nachdem ich das Berglaufen 2010 für mich entdeckt hatte, wollte ich auch im Winter adäquat Gas geben und bin 2011 das erste mal in Alpach auf Tourenski gestanden. Freunde von mir haben mich mit ihrer Begeisterung zum Skitouren gehen angesteckt. So fing es an, es passte einfach.


Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Dynafit?

Ich habe für die erste Sommerkollektion von Dynafit gemodelt. Als ich beim Skibergsteigen und Berglaufen immer schneller und besser wurde, wurde ich offiziell als Dynafit-Athletin im National Athlete Team aufgenommen und darf immer noch für Dynafit vor der Kamera stehen.


Wie stehen deine Chancen auf eine Rückkehr in den Profisport?

Da muss man realistisch sein und ganz ehrlich, soweit denke ich noch gar nicht. Ich habe heuer noch drei bis vier Operationen, wenn die gut laufen, ich keine Infektionen bekommen und hoffentlich der Nerv wieder anfängt zu wachsen, dann denke ich weiter. Im Moment kann ich nicht mal meinen rechten Fuß heben. Ich muss einfach abwarten, was alles möglich sein wird und wie groß meine Schmerzen sind. Ich würde schon gerne wieder Vollgas geben, denn das bin ich, mache es zurzeit auch so gut es eben geht, nur versteifen tu ich mich nicht darauf.


Was waren deine größten Erfolge bisher?

Lauftechnisch waren es die ersten Plätze beim Zugspitz Extrem Berglauf und beim Kaisermarathon in Söll, in meiner Altersklasse. Beim Skitouren war es die Mountain Attacke.

Am besten gefallen hat mir aber die Tour du Rutor wo ich mit Silvia Berghammer in einem Team war. Das ist ein hochalpines Skirennen über drei Tage mit vielen Höhenmetern und fiesen Abfahrten im alpinen Gelände. Ich war zu der Zeit sehr gut in Form, doch leider hatte ich eine Woche später diesen Absturz.


Setzt du dich selbst unter Druck?

Nein, ich mache mir eigentlich keinen Druck. Ich habe allerdings sehr hohe Ansprüche an mich selbst. Ich denke die braucht man auch, denn sonst lässt man sich wirklich gehen. Für mich ist es keine Option in meiner jetzigen Situation zu bleiben. Ich will soweit wie nur möglich an meine vorherigen Leistungen anknüpfen. Der jetzige Stand macht keinen Spaß, erst wenn ich mich wieder auspowern kann, bin ich wieder ich selbst.


Beruflich bist du sehr vielseitig. Moderatorin, Redakteurin, Model und planst Vorträge zu halten. In welche Richtung geht dein streben?

Ich habe Sport, Medien und Kommunikation studiert. Mit Anfang 20 wollte ich in die Moderation gehen. Doch mein Ehrgeiz lag mehr im Sport. Mir gefällt die Kombination und die Möglichkeit mich im Job und im Sport weiterzuentwickeln, sowie spannende Projekte zu verwirklichen. Nur auf einer Stelle umher zu tippen ist mir zu wenig.

Nach dem Unfall war ich froh neben dem Sport noch weitere Herzensprojekte was zu haben. Es ist ja auch eine finanzielle Frage. Für mich ist es wichtig Ziele zu haben. Dieses Jahr wird mein Buch, indem ich über all das berichte, realisiert und plane das Ganze auch filmisch aufzuarbeiten.


Lebst du deinen Traum?

Eigentlich kann man sagen, dass ich vor und nach dem Unfall die Möglichkeit habe meinen Traum zu leben, weil mich unfassbar viele Leute unterstützen.


Stern TV hat dich 2014 eingeladen. Inwieweit ist die Medienpräsents seit dem Unfall gestiegen?

Die gab es vorher auch schon. Ich hatte mich entschlossen FOCUS ein Interview zu geben. Von da an haben mich sehr viele TV-Sender angerufen und es wurde ein riesen Augenmerk auf mich gelegt.

Ich habe alle vorerst dankend abgelehnt und entschied mich nur bei Stern TV darüber zu berichten. Für mich war wichtig, dass es keine Boulevardpresse ist wo die Artikel nur schnell runtergerissen werden, denn dafür ist das Thema zu traurig und zu ernst.


Wie lautet deine Message?

Als ich meine Geschichte erzählte bekam ich so viel Zuspruch, ich hätte viele motiviert, inspiriert und Mut gemacht. So dachte ich mir, dass mein Unfall auch was Gutes gehabt hat und der Sinn darin besteht, durch meine Erfahrungen anderen zu helfen.

Man darf nicht aufgeben und muss an sich selbst glauben, nur dann kann jeder Berge versetzen. Auch wenn dein ganzer Körper kaputt ist, du an dich glaubst, Hilfe von Freunden annimmst, kannst du alles schaffen und immer glücklich im Leben sein.

Ich selbst lag ein halbes Jahr im Krankenhaus, war auf Reha und hatte viele Schmerzen, allerdings war es für mich kein weggeworfenes Jahr. Ich habe mir immer neue Ziele gesetzt, die ich oft auch erreichen konnte und Dank meiner Freunde hatte ich sehr viele schöne Momente die mir in Erinnerung bleiben.

Es ist so ein wunderschönes Gefühl, wenn man weiß, dass man nie alleine ist, egal was mit einem ist. Das gibt enorm viel Kraft die sich selbst potenziert.


Hast du einen besonderen Bezug zu Tirol, speziell ins Zillertal und Söll?

Wir haben sehr gute Freunde im Zillertal und sind quasi seit drei Jahren immer hier unterwegs. In Söll habe ich mit Andi und seinem Dynafit Competence Center, zugleich auch Cross the Alps Store Söll, meinen offiziellen Partner gefunden.

Wir kommen immer hierher. Es ist einfach herrlich mit Freunden hier Skitouren zu gehen.

 

Die Fotos wurden von Angelika Allmann, Baschi Bender und Erwin Hofbauer zur Verfügung gestellt.