Vom hochalpinen Leistungsmarsch zur wiederbelebten Legende

2009 haben die Olympiaregion Seefeld und Achensee Tourismus die Legende wiederbelebt und den Karwendelmarsch „neu“ ins Leben gerufen.

Doch wie entstand diese Legende? Mittlerweile feiert der Karwendelmarsch Jahr um Jahr neue Rekordteilnehmerzahlen, sodass 2015 zu seiner siebten Auflage seit Wiederbelebung, ein Teilnahmestopp bei 2500 Anmeldungen ausgerufen wurde.

Unbestritten ist, dass der Karwendelmarsch zu einer Institution wurde und mehr als nur ein sportliches Event im Tiroler Sommer ist. Er ist für die Teilnehmer, Helfer, Organisatoren, Partner sowie Zuschauer Emotion und Erlebnis pur. Daher spielt das oft schlechte Wetter keine Rolle, es wird einfach marschiert und der eine oder andere wächst vollkommen über sich hinaus.

Foto: TSV
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22 Jahre lang größte Sportveranstaltung in Tirol

1969 fiel der Startschuss zum damals noch hochalpinen Leistungsmarsch. Der Tiroler Skiverband organisierte den Karwendelmarsch, der von Scharnitz bis zum Achensee führte. Dem beginnenden Fitnessbewusstsein vieler Hobbysportler kam das sehr entgegen. Mit 3000 bis 4000 Teilnehmern avancierte der Marsch zu der größten Sportveranstaltung in Tirol. Man spricht sogar von einer Teilnehmerzahl von 5000 Leuten. 22 Jahre lang wurde der Karwendelmarsch ausgetragen. Rekorde um Rekorde wurden gebrochen, sei es über die Menge der Lebensmittel, Wasser oder dem Sprit, der für die Beförderung der Jausen zu den Labestationen nötig war. Aus Umweltschutzgründen wurde er nach der 22. Auflage zum Bedauern vieler eingestellt. Es sollte 17 Jahre dauern bis er wieder zum Leben erweckt wurde.

Foto: TSV
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Karwendelmarsch 1969 bis 1990

Aus der Notwendigkeit heraus mehr finanzielle Mittel für die Nachwuchsarbeit und den Betrieb der Skihauptschule Neustift aufzutreiben, wurde 1969 von engagierten TSV-Funktionären (Arnold Koller, Dr. Wolfgang Girardi, Robert Schöpf, Josef Köck und Siegfried Pilser) der Karwendelmarsch aus der Taufe gehoben. Zunächst als Experiment angelegt, einen Abschluss der sommerlichen Fitnessmärsche zu organisieren, waren bereits die ersten Durchführungen ein voller Erfolg. Die 52 km lange Wegstrecke mit mehr als 2000 Höhenmetern wurde zu einer Herausforderung für tausende Sportbegeisterte. Jährlich folgten 3000 bis 4000 Aktive der Einladung und nach 10 Jahren zog man erstmals stolz Bilanz, wie die folgende beeindruckende Aufstellung zeigt. 30.000 Teilnehmer, 60.000 l Tee, 5000 kg Kekse, 5000 kg Zucker, 60.000 Portionen Suppe, 90.000 Portionen Zitronen- und Orangensaft, 180.000 Becher und 3.000 Jausenpakete. Dank der breiten Unterstützung und der vielen ehrenamtlichen Helfer – bis zu 300 waren entlang der Wegstrecke im Einsatz – war den Veranstaltungen auch ein finanzieller Erfolg beschert. Jährlich konnten bis 150.000 Schilling für den Nachwuchs erwirtschaftet werden. Der letzte Karwendelmarsch, es war der 22., wurde im Jahre 1990 durchgeführt. Die Umweltabteilung der Landesregierung untersagte dem TSV die weitere Durchführung aus naturschutzrechtlichen Gründen. Eine gelungene Renaissance gelang vor wenigen Jahren den Tourismusregionen Achensee und Seefeld, die den Marsch erfolgreich reaktivierten. (Quelle: TSV, Festzeitschrift zur 100 Jahresfeier 2013)

Foto: TSV
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Der Weg zu einer Herzeigeveranstaltung

Aus einer Privatinitiative heraus versuchten, vor neun oder zehn Jahren, Erich Rettenegger von der Firma Rückenwind und Pupp Thomas den Karwendelmarsch wiederzubeleben. Merkten aber schnell, dass das ein äußerst schwieriges Unterfangen war diesen genehmigungsfähig zu bekommen. Beide setzten sich mit Martin und Markus Tschoner von den TVB`s Achensee und Seefeld zusammen. Jedoch kamen auch diese Herren an ihre Grenzen den Karwendelmarsch veranstalten zu dürfen.

Foto: TSV
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„Ich saß zum Schluss mit dem Lapdop bei der Landesregierung, bei Herren Otto Leiner , und versuchte alles, die Legende, den Karwendelmarsch „neu“, zu initiieren!“ erzählte Martin Tschoner, „unsere Idee war es, den Marsch als nicht reine Sportveranstaltung zu präsentieren, sondern den Naturpark Karwendel mit einzubauen. Zusammen mit Hermann Sonntag, Geschäftsführer vom Naturpark Karwendel und der damalige Tiroler Landesrätin, Anna Hosp, fanden wir einen Weg. Wir dürfen zum Beispiel mit maximal fünf Fahrzeuge in den Naturpark fahren und haben die Teilnehmergrenze bei 2500 definiert. Weiters beaufsichtigt die Bergrettung den Event. Wir können aber von stolz sagen, dass der Karwendelmarsch mittlerweile eine Herzeigeveranstaltung geworden ist!“

Immer wieder hört man Gerüchte vom Karwendelmarsch. Was diesen zu einer Legende werden ließ. Bei der ersten Wiederauflage nahmen 1.300 Personen daran teil. Viele Kinder von den damaligen Marschierern gingen mit, da ihre Eltern, Großeltern, etc. bei der ersten Auflage teilnahmen. Martin Tschoner betonte zudem: „ Das Bewusstsein der Wanderer ist in jedem Fall ganz anders als damals. Sie sind gut ausgerüstet und schauen auf die Umwelt! Der Karwendelmarsch, egal ob die Veranstaltung an sich oder das um den Marsch herum, ist zu was ganz Besonderem geworden. Alle sind mit einer enormen Begeisterung dabei, engagieren sich und diese Stimmung überträgt sich auf alle!“

Foto: Regionalsport Erwin Hofbauer
Foto: Regionalsport Erwin Hofbauer

Karwendelmarsch „neu“

2009 war es schließlich so weit. Der Karwendelmarsch präsentierte sich, bis auf die Strecke, im neuen Kleid. Die Bewusstseinsbildung für die Gegend und für die Natur sowie für den Naturpark Karwendel steht im Vordergrund. Das wird vom Veranstalter, der Olympiaregion Seefeld und Achensee Tourismus, als integrativer Bestandteil des Karwendelmarsches gesehen. Die Zielsetzung ist es dem Teilnehmer die Schönheit und die Bedeutung des Karwendel näher zu bringen. Selbst an den Labestationen findet man nur BIO-Produkte aus Tirol vor. BIO vom Berg gilt vom Anbeginn der Neuauflage als zuverlässiger Sponsor der Lebensmittel an den Jausenstationen. Tiroler Steinöl findet man in den Finisherpaketen vor und die Tiroler Sparkasse gilt seit Wiederauflage als treuer Partner.

Um sich die Schönheit des größten Naturparkes Österreichs zur Gemüte zu führen, haben die Teilnehmer 52 oder 35 Kilometer lang Zeit. Die Strecke führt vorbei am Karwendelhaus, kleiner Ahornboden, Falkenhütte bis zur Eng. Dort ist für diejenigen das Ziel, die nur die 35 Kilometer marschieren oder laufen wollen. Für alle anderen geht es weiter zur Binsalm, Gramai Hochleger, Gramai Alm, Falzturn bis nach Pertisau. Dabei gilt es 2.281 Höhenmeter nur bergauf zu bewältigen.

Foto: Regionalsport Hofbauer Erwin
Foto: Regionalsport Hofbauer Erwin

Das größte Tiroler Schutzgebiet

Seit Beginn der Neuauflage kann der Karwendelmarsch auf die Partnerschaft vom Naturpark Karwendel bauen. Denn eine Großveranstaltung im größten Naturpark Österreichs durchzuführen, ist denkbar schwer.

Allerhand Besonderheiten erwarten die Teilnehmer vom Karwendelmarsch, wenn sie durch Österreichs größten Naturpark und zugleich dem größten Schutzgebiet Tirols wandern. Nicht nur die Gämse, Bergmolche, Ahornbäume machen den Alpenpark Karwendel zu einer besonderen Umgebung sondern auch die Artenvielfalt. Der Naturpark Karwendel umfasst mit seinen 727 Quadratkilometer beinahe das gesamte Karwendelmassiv.

Aufgrund der klimatischen und topografischen Gegebenheiten verfügt das Karwendel über einen überdurchschnittlich hohen Anteil an natürlichen Lebensräumen wie Urwäldern und Wildflüssen. Viele typische Tier- und Pflanzenarten der Alpen wie Steinadler, Flussuferläufer oder die Deutsche Tamariske (Auwaldpflanze) haben hier bedeutende Vorkommen. Das Karwendel besitzt zudem eine 130jährige alpintouristische Geschichte und wird jährlich von mehr als einer Million Menschen besucht. Auch klassische Nutzungsformen wie Alm- und Forstwirtschaft, sowie die Jagd spielen eine wichtige Rolle und prägen das Gebiet seit Jahrhunderten.

Foto: Regionalsport Hofbauer Erwin
Foto: Regionalsport Hofbauer Erwin

Ein paar Fakten zur siebten Auflage 2015

Wegen der ständig steigenden Teilnehmerzahl wurden 2015 über eine Tonne an Lebensmittel gebraucht. Weiters arbeiteten über 300 freiwillige Helfer beim Karwendelmarsch der Rekorde, wie er 2015 genannt wird, mit. Arbeitszeiten von 10 bis 12 Stunden am Stück waren 14 Tage zuvor keine Seltenheit.

Es mussten an die 4.000 Bananen, 10.000 Kekse, 1.500 Joghurts sowie 5.000 Salzbriefe und 4.000 Äpfel auf die Labestationen aufgeteilt werden. 470 Kilogramm Gemüse und 250 Liter Hollersirup wurden verarbeitet. Weiters verteilten die Helfer 230 Kilogramm Käse und 180 Kilogramm Wurst an den Verpflegungsstationen. Allerdings, die Menge an Lebensmittel sowie die Rekordteilnehmerzahl von 2500 Startern waren nicht alleine der Grund, dass der Karwendelmarsch 2015 in die Geschichtsbücher einging, sondern das Wetter. Seit Wiederauflage fiel kein einziger Regentropfen während der Veranstaltung.

Für viele ist beim Karwendelmarsch der Weg das Ziel. Einige möchten eine persönliche Bestzeit aufstellen und andere wiederum einen neuen zeitlichen Rekord. Doch eines haben die Teilnehmer gemeinsam: alle können Österreichs größten Naturpark genießen.

 

Termin 2016: 27. August

 

Fotos: schwarz/weiß Fotos @ TSV

     Farbfotos @ Regionalsport Erwin Hofbauer