Die Zukunft des Hochleistungssportes

Dr. Günter Amesberger: „Leistungssport ist auf Bescheidenheit angewiesen. Rahmenbedingung zur optimalen Leistungsentwicklung müssen geschaffen werden. Die Gesellschaft muss differenzieren!“

Nach der Olympiade in Rio wurde geschimpft, nach der Karate-WM in Linz wurde gejubelt. Doch ist Hochleistungssport noch erstrebenswert, notwendig oder gar möglich? Was ist der olympische Gedanke? All diese Fragen, Lösungen und Tendenzen beantwortet Univ.-Prof. Dr. Günter Amesberger, Leiter des Fachbereichs Sport- und Bewegungswissenschaft/USI der Universität Salzburg, im Regionalsport-Gespräch.

Der Sport hat unterschiedliche Wurzeln. In der Antike war der Wettkampf sehr brachial. Später, gerade in England, war der Sport für den Adel bestimmt. So gesehen war der Sport ein Luxusgut und nur für wenige privilegierte zugänglich.

Heute trennt sich der Leistungssport immer mehr vom Breitensport bzw. Gesundheitssport. Beides sind zwei gesellschaftlich unterschiedliche Systeme.

Die Olympische Idee beinhaltet auf der einen Seite die Höchstleistungs-Idee – höher, weiter, stärker – auf der anderen Seite „dabei gewesen sein ist alles“ impliziert die Doppelbotschaft die in der Gesellschaft überall vorherrscht: Zum einen qualitätsvolles Leben und zum anderen genießt die Leistungsmaximierung eine hohe gesellschaftliche Anerkennung.

Nur die Erstplatzierten zählen?

Die Menschen müssen differenzieren zwischen was ist Tatsache und was die Medien uns vorgeben. Denn die Analysen durch die Trainer sowie durch den Sportler selber und was die Gesellschaft bzw. die Medien meinen zu wissen, sind grundverschieden.

Die Trainer heutzutage schauen sich alle Plätze genau an, denn gefährdet in der Erwartungshaltung der Gesellschaft eine Podestplatzierung zu erreichen, sind junge Sportler. Vor allem die Sportler die dauerhaft eine konstant steigende Leistung erbringen und plötzlich einen Ausreisser nach oben, z.B. ein Podestplatz, haben. Oft geht es danach in der Kontinuität von vorher weiter und alle sind entsetzt. Dabei war die Top-Platzierung die Ausnahme und nicht die Normalität.

 

Lösungen im Hochleistungssport?

Die Pädagogik schaut, was leistet der Sport menschlich – Persönlichkeitsentwicklung, Lernen über den Sport hinaus – und was leistet der Mensch sportlich?

Spektakulär ist natürlich der Aspekt, „was ist der Mensch in der Lage, sportlich zu leisten?“ Dabei gilt es jedoch eine Reihe sozialpädagogischer Sicherheitsnetze einzubauen, damit es nicht gefährlich wird. Wie zum Beispiel Doping und die Verletzungsproblematik. Daher ist die Aufgabe von Trainern und Psychologen herauszufinden welche Rahmenbedingung geschaffen werden müssen, dass die Leistungsentwicklung optimal stattfinden kann und die Sportler sich auf diesem Weg nicht schwer verletzen oder psychosoziale Schäden davontragen.

 

Sieht man von „höher, schneller, weiter“ in der Zukunft vermehrt ab?

Die Gesellschaft ist ein wenig an die Grenzen des Wachstums angekommen und das ist kein Wunder. Dass in der Leichtathletik die Rekorde ausbleiben, hängt mit den besseren Dopingkontrollen zusammen. Umgekehrt werden die Methoden immer einfallsreicher. Der Leistungssport ist auf Bescheidenheit angewiesen. Er ist nicht das mächtigste, er ist ein Feld indem man leisten kann ohne leisten zu müssen. Allerdings ermöglichen dies die gesellschaftlichen Rahmenbedingung dem Leistungssportler nicht immer.

Schimpfe nach Olympia

Olympia ist nach wie vor ein sehr spezielles Ereignis für jeden einzelnen Sportler. Aus österreichischer Sicht passen die Medaillenresultate im Sommersport nicht zu den Erwartungen. Doch das ist ein sehr komplexes Problem.

Es kommt zur erneuten Reform, aber politische und sportliche Interessen, sollen nicht unglücklich vermischt werden. Dass ein Staat der in den Sport investiert, Medaillen will, ist erstmals logisch, doch dass nach 2000 nicht so viele Medaillen zu erwarten waren, war absehbar. Allerdings die Athleten als Olympiatouristen zu bezeichnen, ist absolut unfair den Sportlern gegenüber. Die Frage, ob alle (Sportler, Trainer, Umfeld) das beste machen um die Top Leistung zu erzielen ist okay und soll auch zur Qualitätsentwicklung beitragen. Jedoch sollten dazu systematische Analysen angestellt werden, was getan werden kann um das ganze System zu optimieren.

 

Wie gehen Sportler mit der Kritik um?

Manche können das gut verarbeiten, andere sind zerstört. Ein Sportler hat gesagt, für ihn sei eine Welt bezüglich Faszination Olympia zusammengebrochen. Misserfolge können sehr lange Nachbetreuung zur Folge haben. Unabhängig von der sozialen Bewertung trifft das Sportler oft schon schlimm genug. Medienkritik und politische Kritik können oberflächlich abprallen aber emotional trifft es ins Schwarze.

 

Wo wird sich Sport/Leistungssport hin entwickeln?

Der Leistungssport hat eine Menge Hausaufgaben zu erledigen: Die Strukturen sind zu säubern, Olympische Spiele sind wieder als Spiele anzusetzen, politische Rahmenbedingung sind in den Griff zu bekommen und alles soll offen und fair ausgerichtet sein.

Nachwuchsleistungssport muss so geschaffen werden, dass Kinder im Leistungssport eine Chance auf Entwicklung haben und nicht Gefahr laufen sich zu verletzen oder das ein Übertraining schon früh gegeben ist.

Das Risiko dabei ist, dass Österreich zu wenig fokussiert arbeite – wer brennt wirklich dafür und wer macht es weil er es machen muss oder weil es ganz nett ist.

Ansätze in den einzelnen Verbänden oder sogenannten Zellen sind absolut da. Es fehlt an dem Nutzen der positiven Entwicklung und Erfahrungen. Was in einem Verband gut entwickelt wurde, dass das auch andere nutzen.

Langfristige Arbeit verändert vieles aber auch die anderen Nationen schlafen nicht. Den Vorsprung den man sich herausarbeitet ist schnell wieder weg. Solche Lösungsansätze sind für das eine bestimmte Ziel erfolgreich und dann müssen diese schon wieder adaptiert werden. Überall wo so gehandelt wird, können große Ziele erreicht werden.